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Vier Fragen


Lesezeit: ca. 4 Minuten


Finden statt suchen

Als erst Suchende und dann Findende war ich während meiner Lebenszeit stetig mit Herausforderungen konfrontiert. Das gehört einerseits zum Leben und ist nichts Besonderes, andererseits haben längst nicht alle Menschen mit derselben Menge an schwierigen Aufgaben zu tun.

Ein glückliches Leben?

Das Leben ist aus unserer kurzen Sicht ungerecht: Manche Menschen haben schlicht Glück, an anderen haftet das Pech. Meine Existenz empfand ich lange Zeit als undurchsichtig. Ich verstand die Regeln nicht und begriff nicht, wie ich mich so oft in unmögliche Situationen bringen konnte. Mein Grundgefühl war das des Unglücklichseins, immer nahe am Rand der Verzweiflung. Dieses diffuse Herumirren im Nebel liegt glücklicherweise seit Jahren hinter mir. Viele Therapiestunden halfen mir dabei, Ordnung in meine verwirrenden Prägungen zu bringen.

Eine neue Sicht

Eine wirklich neue Sicht auf das Leben brachten mir zwei Dinge:

Die Ausbildung zum Integral Coach und die körperorientierte Traumatherapie.

Hier fokussiere ich mich auf die Ausrichtung als Coach. Während ich die Arbeit in der Therapie oft als problemorientiert wahrnahm, schenkte mir die Arbeit als Coach eine neue Sicht. Vereinfacht lässt sich das so zusammenfassen: Es spielt keine Rolle, was der Grund ist. Das Einzige was zählt, ist wie ich die Situation jetzt verbessern kann. Und verbessern meint nicht, mich im Sinne einer Selbstoptimierung ohne Selbstmitgefühl weiter anzutreiben, sondern meinen Bedürfnissen gerechter zu werden und zu mehr Wohlbefinden im Leben zu kommen.

Das wichtigste Werkzeug eines Coaches ist das Wort. Die richtige Frage führt das Coachee zur Lösung. Und zwar zu der Lösung, die für ihn zu dem Zeitpunkt die richtige ist, denn sie ist der nächste Schritt. Sein Schritt. Der Weg zeigt sich, indem ich ihn gehe.

 

Vier Fragen

Seit dem Abschluss meiner Coachingausbildung haben sich für mich vier Fragen herausgebildet, mit denen ich eindeutig besser durchs Leben komme. Diese vier Fragen möchte ich hier mit dir teilen. Möglicherweise sind sie für dich hilfreich, oder auch nicht. Vielleicht hast du für dich viel geeignetere Fragen. Falls ja, lasse gerne einen Kommentar da.

 

1. WAS BRAUCHT ES, DAMIT ES GEHT?

 

Das ist der wichtigste Ansatz weg vom Problem hin zur Lösung. Wie oft war ich geknickt und steckte fest. Etwa so, wie wenn mein Kopf in einem Trichter eingeklemmt wäre, und sich mein Denken verengt hätte. Das erzeugt Stress und verunmöglicht eine kreative Lösung.

Mache also etwas, das ganz und gar nichts mit der Situation zu tun hat. Nimm deine Aufmerksamkeit weg vom Problem und wende dich ganz dem Anderen zu. Was auch immer dir in den Sinn kommt, tu es. Tu etwas, das auf das Problem bezogen keinen Nutzen verspricht. Tu es bewusst, achtsam und mit Neugierde. Prokrastiniere nicht. Singe ein Lied oder tanze zu einer Melodie. Mache einen Kopf- oder Handstand. Massiere deine Füsse oder Ohren. Zeichne etwas. Mache eine Schüttel- oder Brabbelmeditation. Knete Teig.

Kleiner Tipp: Geh raus aus dem Kopf und rein in den Körper. - Wetten, dass sich dann deine Sicht auf das Problem verändert hat?

 

Dieses kleine Experiment dient dazu, für dich spürbar zu machen, dass Kreativität die Lösung ist. Und kreativ sind wir nur, wenn wir uns in einem entspannten Geisteszustand befinden. Der Kopf und das Herz müssen weit und breit sein, damit dort neue Gedanken und Möglichkeiten Einzug halten können. Und in diesen Zustand kannst du auch erkennen, was es braucht, damit es geht.

 

2. WIE KANN ICH MEINE BEDÜRFNISSE BEFRIEDIGEN OHNE GELD?

 

Diese Frage knüpft an die erste an. Weiss ich, was es braucht, kann ich das Bedürfnis dahinter ausfindig machen. Bedürfnisse können nie nur auf eine Weise sondernd vielfältig befriedigt werden. Nicht immer muss etwas dafür angeschafft werden. Prüfe, ob dein Bedürfnis eher immaterieller Natur ist. Neuer Kleidung zum Beispiel kann das Bedürfnis nach Attraktivität, Gesehenwerden, Kontrolle, Status, Schutz oder nach einem angenehmen Körpergefühl zugrunde liegen. Oder vielleicht auch etwas ganz anderes, an das ich gerade nicht denke. Dieses Bedürfnis kann anders als mit dem Kaufen eines neuen Teils befriedigt werden. Vielleicht brauchst du eher ein Kompliment, eine (Selbst-) Massage oder eine Umarmung? Mehr Gedanken zu diesem Thema findest du hier.

 

3. WAS IST SCHON DA?

 

Und wenn es dann doch ein Ding ist, dass du benötigst, schaue dir seine Funktion an. Was muss es können, damit es geht? Ist etwas mit dieser Funktion bereits in deinem Haushalt vorhanden? Denke dabei auch an den Keller, an das, was zur Wohnung gehört und an das Innere der Schränke. Kann ich etwas zweckentfremden, umfunktionieren, drehen oder wenden? Denke dabei weit und breit, erlaube dir seltsames und probiere es aus. Gehe mit Freude und einem lustvollen Entdeckergeist heran. Na, macht es Spass? Als kleine Inspiration: Meine Gemüseschublade dient mir zugleich als Becken. Das leere Gewürztablar der Küche als Lineal beim Nähen. Die umgekehrte Kartonbox ohne Deckel als Nachttischen und Bücheraufbewahrung.

 

4. WAS KANN ICH WEGNEHMEN, DAMIT ES BESSER WIRD?

 

Hier kommt mir mein minimalistisches Denken zugute. Diese Frage ist auch ein gestalterisches Credo ("reduce to the max"). Als GestalterIn oder KünstlerIn neigt man vor allem als Anfänger dazu, zu viel zu wollen und sich nicht auf die beste Idee beschränken zu können. Was kann also weg? Die eingefahrene Spur in unserem Hirn denkt üblicherweise genau andersrum. Siehe oben. Was muss ich hinzugeben, damit es besser wird? Muss ich etwas kaufen, borgen, finden, anfertigen, kreieren?

Doch nun kehre es um. Nimm probehalber weg, was einer Lösung bedarf. Denke an deine Bekleidung oder an deine Möblierung. Du hast keine Schuhe, die zum weinroten Kleid passen? Erlaube dir, das Kleid in Frage zu stellen anstatt weiter nach passende Schuhe zu suchen. Du weisst nicht, wie der Teppich richtig liegt in deinem Wohnzimmer? Entferne ihn mal und schaue neu. Das Outfit sieht nicht stimmig aus? Entferne eine Farbe, den Schal oder den Lippenstift. (Kleiner Sidefact: Ein Outfit mit nur zwei Farben sieht immer spezieller aus, als eines mit drei. Probiere es aus.) Du fragst dich, wie du die Bändel an deiner Bluse hübsch binden sollst? Schneide sie ab. Habe Mut und frage dich: Braucht es das wirklich? Vielleicht nicht, und es verschwinden Probleme und Hindernisse. Das funktioniert übrigens auch mit deiner Einkaufs- oder To-Do-Liste.

 

Alles Liebe, Barbara


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Kommentare: 2
  • #1

    thomas schneeberger (Freitag, 22 März 2024 10:20)

    Danke Barbara für diese Worte.
    Die vier Fragen sind mir geeade enorm hilfreich.
    Ich lese gerne, was und wie du schreibst.

  • #2

    Maja (Samstag, 23 März 2024 18:14)

    Wie so oft, freue ich mich auch diesmal, deine Texte zu lesen - sie sind immer sehr inspirierend oder bestätigend für mich.